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Proportionalitätsprinzip

Begriff aus der Säule 2 der Eigenmittelbestimmungen. Die Verpflichtung zur Etablierung eines ICAAP besteht unabhängig von der Größe und Komplexität eines Kreditinstituts, seine konkrete Ausgestaltung wird hingegen nach dem Prinzip der Proportionalität bestimmt. In diesem Sinne obliegt es dem Institut, die Angemessenheit der Methoden, Systeme und Prozesse im Rahmen des ICAAP festzulegen. Die Beurteilung der Angemessenheit wird von der Art (Risikogehalt und Komplexität) und dem Umfang der Geschäftstätigkeit bestimmt.
Kleinere Institute, die hauptsächlich Geschäfte mit geringem Risiko ausüben, können mit einfacheren Methoden, die sich an den Grundsätzen des ICAAP orientieren, die Anforderungen in angemessener Weise erfüllen. Für Institute, die eine sehr komplexe Geschäftstätigkeit ausüben bzw. die über ein hohes Geschäftsvolumen verfügen, kann es erforderlich sein, entsprechend komplexe Systeme einzusetzen, um den Anforderungen der Säule 2 gerecht zu werden.
Die Entscheidung darüber, welche Systeme für das jeweilige Institut in welchem Bereich sinnvoll und angemessen sind, sollte auf Basis der jeweiligen individuellen Risikostruktur erfolgen. Das Kreditinstitut sollte anhand von Indikatoren für sich selbst festlegen, in welchen Bereichen es komplexere Risikomess- oder Steuerungsverfahren einsetzen soll und in welchen einfachere Methoden adäquat wären.

 

Auch im Versicherungsbereich wird das Proportionalitätsprinzip im SolvencyII-Regelwerk an mehreren Stellen verankert:

  • Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Vorschriften der SolvencyII-Richtlinie auf eine Art und Weise angewandt werden, die der Wesensart, dem Umfang und der Komplexität der Risiken angemessen ist, die mit der Tätigkeit des Versicherungs- oder des Rückversicherungsunternehmens einhergehen.
  • Bei den von der Kommission erlassenen technischen Regulierungsstandards und technischen Durchführungsstandards wird der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet, um die verhältnismäßige Anwendung dieser Richtlinie insbesondere auf kleine Versicherungsunternehmen zu gewährleisten.Das in den Unternehmen implementierte Governance-System soll der Wesensart, dem Umfang und der Komplexität der Tätigkeiten angemessen sein.